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Vorbeugung

Kopfverletzungen im Sport als Risikofaktor

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Titelbild Kopfverletzungen im Sport

Studien deuten darauf hin, dass regelmäßige körperliche Aktivität das Demenzrisiko insgesamt senkt. Bei bestimmten Sportarten ist aber Vorsicht geboten. Insbesondere wenn es zu häufigen Kopfverletzungen im Sport kommt, kann sich das Demenzrisiko erhöhen. Diese Verletzungen entstehen nicht nur bei Kontaktsportarten wie Rugby oder Boxen, sondern auch im Fußball.

Kopfverletzungen im Sport: Überblick

Die Forschung zur Verringerung des Demenzrisikos hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Im Jahr 2020 hat die Lancet Commission on Dementia Prevention, Intervention and Care den aktuellen Wissensstand systematisch überprüft. Demnach könnten weltweit bis zu 40 % der Demenzerkrankungen durch die Behandlung von 12 beeinflussbaren Risikofaktoren verhindert oder hinausgezögert werden. Zu diesen Risikofaktoren gehören auch traumatische Hirnverletzungen, die den Forschern zufolge zu 3 % der Demenzfälle beitragen könnten.

Das Risiko von Kopfverletzungen im Sport muss jedoch gegen die Vorteile von körperlicher Aktivität für das Demenzrisiko und die Lebenserwartung insgesamt abgewogen werden. Studien zeigen, dass alles, was gut für die Herzgesundheit ist, auch gut für die Gehirngesundheit ist. Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Bewegungsmangel und Fettleibigkeit haben einen großen Einfluss auf das Demenzrisiko. Die Kontrolle dieser Risikofaktoren und die Vermeidung von Hirnverletzungen sind wichtig, um das Demenzrisiko zu verringern.

Es besteht ein wachsendes Interesse am Zusammenhang zwischen Kopfverletzungen und Demenz. Dies betrifft sowohl einzelne schwerere traumatische Hirnverletzung als auch kleinere, aber wiederholte Kopfverletzungen im Sport. Untersuchungen deuten darauf hin, dass Menschen mit einer traumatischen Hirnverletzung ein etwa 50 % (1,5-mal) höheres Risiko haben, an Demenz zu erkranken als Menschen ohne. Kopfverletzungen können jedoch ebenso unterschiedlich sein wie die Krankheiten, die Demenz verursachen. Somit ist der Zusammenhang oft schwer zu klären.

Es ist bekannt, dass eine bestimmte Demenzform, die chronische traumatische Enzephalopathie (CTE), mit Kopfverletzungen in Zusammenhang steht. CTE wurde bei ehemaligen Sportlern vieler Disziplinen diagnostiziert, darunter American Football, Baseball, Fußball, Eishockey, Rugby und Wrestling. Bislang ist CTE jedoch nur postmortal feststellbar. Daher könnte die tatsächliche Inzidenz höher sein als die derzeitigen Schätzungen. Darüber hinaus gibt es in diesem Bereich nur wenige fundierte Forschungsergebnisse. Die Wissenschaft kann noch nicht vollständig erklären, warum überhaupt ein Zusammenhang zwischen Kopfverletzungen und Demenz besteht oder welche Patienten nach einer Kopfverletzung ein erhöhtes Risiko haben.

Kopfverletzungen im Sport: Aktueller Forschungsstand

Alzheimer’s Research UK hat mit der Health Policy Partnership (HPP) zusammengearbeitet, um im Rahmen eines Projekts zur Identifizierung von Forschungslücken im Bereich der Gehirngesundheit eine Analyse der Sportlandschaft durchzuführen. Das Hauptziel bestand darin, die aktuelle Evidenzbasis zur Verringerung des Demenzrisikos zu verstehen. Dies ist ein Bereich, in dem sich die Forschung noch im Anfangsstadium befindet. Die Daten sind oft unvollständig oder beruhen auf Selbstauskünften. Das bedeutet, dass die aktuellen Erkenntnisse nicht immer eindeutig sind und verschiedene Interpretationen zulassen. Auch wenn weiterer Forschungsbedarf besteht, ist es wichtig, dass dort, wo es Hinweise auf ein Risiko gibt, diese in den jeweiligen Disziplinen konstruktiv genutzt werden, um das Risiko von Kopfverletzungen im Sport zu minimieren.

Die meisten bisherigen Forschungsarbeiten in diesem Bereich konzentrierten sich auf männliche Leistungssportler. Aber auch andere Gruppen könnten einem Risiko für neurologische Schäden ausgesetzt sein. Weltweit treiben Hunderte von Millionen Menschen aktiv Sport, wobei männliche Spitzensportler nur einen kleinen Anteil ausmachen. Moderater Sport bringt erhebliche gesundheitliche Vorteile, die nicht mit dem gleichen Risiko verbunden sind wie bei Spitzensportlern. Es wird immer deutlicher, dass Frauen und Jugendliche andere Risiko-, Verletzungs- und Genesungsmuster aufweisen als erwachsene Männer und daher in Zukunft gezielter Forschung, Unterstützung und politischer Intervention bedürfen. Darüber hinaus hat jede Sportart ihr eigenes Risikoprofil, das besser erforscht werden muss.

Rugby

Rugby hat im Vergleich zu anderen Sportarten die höchste Rate an Gehirnerschütterungen auf allen Leistungsebenen. Es gibt immer mehr Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Gehirnerschütterungen beim Rugby und damit verbundenen langfristigen kognitiven Beeinträchtigungen. Männliche ehemalige internationale Spieler der schottischen Rugby Union haben ein mehr als 2,5-mal so hohes Risiko, an neurodegenerativen Erkrankungen (einschließlich Demenz, Motoneuronerkrankungen und Parkinson) zu erkranken wie die Allgemeinbevölkerung.

Andere Studien haben eine schlechtere kognitive Funktion bei Menschen über 80 Jahren gezeigt, die während ihrer Rugbykarriere mehr als drei Gehirnerschütterungen erlitten haben. Eine Studie, die kognitive Beeinträchtigungen untersuchte, ergab eine Prävalenz von 2-17 % bei Rugbyspielern im Vergleich zu 3 % in einer Kontrollgruppe.

Boxen

Bei Männern, die geboxt haben, ist das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, mehr als doppelt so hoch wie bei Männern, die nie geboxt haben. Bei Männern, die in ihrer Jugend professionell geboxt hatten, war die Wahrscheinlichkeit einer kognitiven Beeinträchtigung mehr als doppelt so hoch wie bei Männern, die nie geboxt hatten.

Verschiedene Arten oder Stile des Boxens können aufgrund unterschiedlicher Rundenlängen und Herangehensweisen zu unterschiedlichen Risiken führen. Viele Studien kombinieren mehrere Kampf- oder Kampfsportarten und unterteilen die Analyse nicht nach Disziplinen oder Unterdisziplinen, so dass weitere Untersuchungen zu den Risiken der verschiedenen Boxarten erforderlich sind.

Fußball

Eine Studie an ehemaligen schottischen Fußballprofis ergab ein 3,5-fach höheres Risiko, an neurodegenerativen Erkrankungen zu sterben. Zudem hatten sie eine 4,9-fach höhere Verschreibungsrate von Demenzmedikamenten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Studien haben gezeigt, dass Fußballspieler im Ruhestand häufiger an neurodegenerativen Erkrankungen, einschließlich der Alzheimer-Krankheit, leiden, Demenzmedikamente verschrieben bekommen, eine leichte kognitive Beeinträchtigung aufweisen und eine höhere Sterblichkeit aufgrund neurodegenerativer Erkrankungen haben als ihre Altersgenossen, die nicht Fußball spielen. Es wurden auch mehrere postmortale CTE-Diagnosen bei ehemaligen Profifußballern gestellt.

Kopfverletzungen im Sport: Was man noch nicht weiß

Das zunehmende Verständnis verschiedener Demenzformen ermöglicht es, die Risiken zu minimieren. Ein wichtiger Aspekt dieser Arbeit ist das Verständnis des Nutzens und der Risiken von Sport und seines Beitrags zum Gesamtrisiko. Alzheimer’s Research UK hat mit der Health Policy Partnership auf einige Forschungslücken und strukturelle Probleme hingewiesen, die es zu schließen gilt:

  1. Aufbau eines internationalen Forschungskonsortiums, um die Vergleichbarkeit von Studien zu verbessern. Derzeit sind Studien aufgrund unterschiedlicher Forschungsmethoden oft schwer vergleichbar. Eine bessere Koordination würde es erleichtern, übergreifende Schlussfolgerungen zu ziehen.
  2. Entwicklung einer Datenbank von Biomarkern, die bei der Erkennung und Behandlung von traumatischen Hirnverletzungen und Neurodegenerationsrisiken helfen können. Gegenwärtig gibt es keine empirische Möglichkeit, Hirnschäden zu messen, die durch traumatische Hirnverletzungen oder Demenzerkrankungen verursacht werden. In Zukunft könnten Biomarker es ermöglichen, das individuelle Risiko jedes Einzelnen zu ermitteln und die Gehirngesundheit während des gesamten Lebens zu verfolgen.
  3. Durchführung von Langzeitstudien, die bestimmte Bevölkerungsgruppen über mehrere Jahrzehnte beobachten und die Faktoren, die die Neurodegeneration beeinflussen können, umfassend untersuchen. Zwischen einem Schädel-Hirn-Trauma und der Diagnose Demenz können Jahrzehnte vergehen, während Studien oft nur wenige Jahre dauern. Längerfristige Studien sind wichtig, um die Auswirkungen von körperlicher Aktivität, traumatischer Hirnverletzung und der Entwicklung von Demenz besser zu verstehen.
  4. Erforschung traumatischer Kopfverletzungen im Sport auch außerhalb des Spitzensports. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt treiben Sport. Ein Großteil der Forschung konzentriert sich aber auf männliche Spitzensportler.

Die Erforschung von Kopfverletzungen im Sport im Zusammenhang mit dem Demenzrisiko ist zweifellos wichtig. Es ist aber auch erforderlich, andere Risikofaktoren besser zu verstehen. Dann wird es möglich sein, die Demenzprävalenz insgesamt zu senken. Die Forschung zur Demenzprävention hat in den letzten Jahren zwar zugenommen, liegt aber immer noch weit hinter vielen anderen Krankheitsbereichen zurück. Insbesondere besteht Bedarf an Erkenntnissen darüber, wie sich andere Erkrankungen und die Kumulation von Risikofaktoren auf die Gesamtentwicklung des Risikos auswirken.

Was die Sportverbände tun könnten

Während die Forschung weiter daran arbeitet, die bestehenden Wissenslücken zu schließen, ist es wichtig, dass die Sportverbände bereits jetzt Maßnahmen ergreifen, um Kopfverletzungen zu minimieren und das Risiko traumatischer Hirnverletzungen für die Teilnehmer an ihren Sportarten zu senken. Sportverbände sind die richtigen Organisationen, um diese Arbeit zu leiten, da sie die praktischen Aspekte, wie dies erreicht werden kann, gut verstehen.

Es sollte auch unterschieden werden zwischen Sportarten, bei denen Kopfverletzungen und Gehirnerschütterungen ein unvermeidbarer Bestandteil sind, wie zum Beispiel Boxen, und Sportarten wie Rugby und Fußball, bei denen Kopfverletzungen und Gehirnerschütterungen zum normalen Spielverlauf gehören, aber durch einen präventiven Ansatz vermieden, vermindert oder besser behandelt werden könnten, während weitere Daten gesammelt werden.

Quellen und weitere Informationen

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